Janisch: 100 Jahre Aufstellungsarbeit nach Jacob Levi Moreno

Fachgruppe Wien Personenberatung und Personenbetreuung ehrt den Mitbegründer der modernen Aufstellungsarbeit mit einer Veranstaltungsreihe
Pressekonferenz: 100 Jahre Aufstellungsarbeit nach Jacob Levi Moreno. ©Weinwurm Fotografie
Fachgruppe Personenberatung & Personenbetreuung
Am 15. Oktober 2024
4 min Lesezeit

Die psychosoziale Aufstellungsarbeit wurde in den vergangenen Jahren immer populärer. Die moderne Aufstellungsarbeit als Beratungsmethode für Menschen, Familien und Organisationen entstand vor 100 Jahren in Österreich. Der Psychiater Jacob Levi Moreno (18.5.1889 Bukarest - 14.5.1974 Beacon/USA) schuf damals die Methode des Psychodramas - entwickelt aus Elementen des Stegreiftheaters - als wirksamste psychosoziale Beratungsmethode der Gegenwart.

Jakob Levy Moreno beim Kongress für Psychodrama 1971 in Amsterdam. ©nationaal archief

Anlässlich einer Pressekonferenz im jüdischen Museum in Wien erinnert der Obmann der Wiener Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung, Harald G. Janisch, an Morenos Vermächtnis: „Moreno legte in den 1920er-Jahren in Wien den Grundstein für alle gegenwärtigen Formate der modernen psycho- und soziodynamischen Aufstellungsarbeit. Mit ihr kann Menschen in allen Lebensrollen profund geholfen werden. Diese Hilfe erfolgt im Sinne einer biografischen Aufarbeitung ihrer wichtigsten Beziehungen.“

Obmann der Wiener Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung, Harald G. Janisch ©Weinwurm Fotografie

Moreno - der Mann der Freude und Lachen in die psychologische Beratung brachte

Das von Moreno entwickelte Psychodrama bildet die historische Grundlage für alle Formen der modernen psychosozialen Aufstellungsarbeit, wie Familien­aufstellungen, Systembrett oder systemischen Aufstellungen. Morenos Methoden haben sich weltweit etabliert und finden heute Anwendung in Familienaufstellungen, Organisationsaufstellungen und vielem mehr. „Moreno brachte mit dem Psychodrama Freude und Lachen in die psychologische Beratung“, fasst Janisch das Wirken des Wegbereiters der modernen Aufstellungsarbeit zusammen.

Moreno - Wurzel der 4. Wiener Schule

Moreno ist auch eine jener Persönlichkeiten, die als Wurzeln der 4. Wiener Schule der psychologischen Beratung gelten. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese 4. Wiener Schule als ein über den Bereich der Therapie hinausgehendes Beratungsformat für den gesunden Menschen entwickelt.

Zum Schutze der Konsumenten ist es dem österreichischen Gesetzgeber wichtig, dass mit dem hohen Gut der Gesundheit sorgsam umgegangen wird. Deshalb hat er gleichsam ein Qualitätssiegel für Lebens- und Sozialberater entwickelt: die Gewerbeberechtigung. Nur wer der Gewerbebehörde gegenüber nachgewiesen hat, dass er sowohl theoretisch als auch praktisch über ausreichendes Wissen verfügt, darf tatsächlich anbieten, Menschen mittels Coachings, Mediation, Supervision und durch die Methode der psychosystemischen Aufstellungsarbeit zu begleiten. Das ist Fachgruppenobmann Janisch, besonders wichtig, da sich „in Zeiten wie diesen“ viele unseriöse Anbieter - oft im Internet via Social Media - möglichen Kunden präsentieren.

Ein besonderes Angebot macht die Fachgruppe ihren Mitgliedern diesen Herbst und Winter. Sie bietet ihnen die Möglichkeit, tief in das Thema Aufstellungsarbeit einzutauchen und für sich, durch Rollenspiele und kreative Methoden, neue Perspektiven zu gewinnen. Das wird an 5 Psychodrama-Abenden ermöglicht, die die Fachgruppe in der Tradition Morenos in Kleintheatern und Extrazimmern von Gasthäusern veranstaltet. Mehr Information dazu gibt es auf www.viertewienerschule.at

Stimmen aus der Branche zu 105 Jahren Psychodrama

Beate Kolouch, Lebens- und Sozialberaterin:

„Wir Lebens- und Sozialberaterinnen beraten, begleiten und unterstützen Menschen in Lebenskrisen, bei Entscheidungsfindungen oder beruflichen Themen. Dafür sind wir durch eine fundierte, gesetzlich geregelte, mindestens dreijährige Basisausbildung und etliche Zusatzqualifikationen geschult und gesetzlich befähigt. Besonders wichtig in der professionellen Begleitung von Menschen ist die eigene Reflexionsfähigkeit. Die Aufstellungsarbeit ist ein Tool, mit dem in der Beratung gearbeitet werden kann. Es ist ein Sichtbarmachen der inneren Erlebenswelt unseres Klienten. Durch die Betrachtung und die richtigen Interventionen kann der Klient Klarheit über sein „System“ und neue Erkenntnisse gewinnen und dadurch zu neuen Sichtweisen und Lösungen für sein Problem kommen.“

Beate Kolouch. ©Weinwurm Fotografie
Peter Stippl, Psychotherapeut:

„Die Bedeutung einer Persönlichkeit ist gut an den Footprints, die sie hinterlassen hat, zu erkennen. Daran gemessen, war Jakob Levi Moreno eine besonders bedeut- und wirksame Persönlichkeit! Er hat die Patienten und Klienten von der Couch (der Analyse) befreit und einen humorvollen, von der Sprache her der Klientel angemessenen Stil in seiner Arbeit verwendet. Seine Interventionen und Arbeitstechniken, die für Beratung, Coaching und Psychotherapie gleichermaßen hoch effizient einsetzbar sind, waren neu und revolutionär. Er kann als Gründer der psychosozialen Gruppenarbeit bezeichnet werden. Lösungen durch das Spiel der für die Klienten relevanten Szenen, mit den Techniken der Rollenübernahme oder -zuweisung, Rollenwechsel, Rollentausch, innere Stimme und Doppelgänger, aber auch Skulptur und Freeze als Vorläufer der Aufstellungsarbeit sind markante Beispiele. Viele dieser Techniken haben von Morenos Psychodrama ausgehend, in zahlreichen später entwickelten Therapie- und Beratungsmethoden Aufnahme gefunden und sind dort unentbehrlich geworden. Die soziale Haltung Morenos zeigte sich in seiner Zuwendung zu Randgruppen der Gesellschaft. Aus seiner Arbeit mit Flüchtlingen und Lagerinsassen des Ersten Weltkriegs entstand seine Methode der Soziometrie, des Messens der sozialen Beziehungen.“

Peter Stippl. ©Weinwurm Fotografie
Peter Klein, Lebens- und Sozialberater, Koordinator der fünf Psychodrama-Abende:

„Mit der Verbindung von psychosystemischen Aufstellungen, Psychodrama und szenischer Arbeit können sich Menschen freispielen von Ängsten, tiefgreifende Emotionen erkunden und Klarheit zu Lebensrollen gewinnen. Die Verbindung zu Kreativprozessen ist dabei fließend. Meine besondere Motivation, dieses Projekt zu koordinieren, ist die Idee, mit dem Geist von Moreno zu historischen Ursprüngen zurückzugehen. In Wien, an Orte wo Moreno vor 100 Jahren wirkte (Augarten), alte Kaffeehäuser (Schmidt Hans, Gschamster Diener) und Theater (Pygmalion, Marionetten-Theater, Schönbrunn). Dabei beleuchten wir gesellschaftliche Dynamiken und Lebensthemen wie Erfolgsdruck, Gesundheit, Altern, Krieg und Frieden neuzeitlich. Letztlich geht es immer um die Frage: Wie können wir unsere Welt gestalten, in der wir leben wollen?“

Peter Klein. ©Weinwurm Fotografie

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Fachgruppe Personenberatung & Personenbetreuung
Am 15. Oktober 2024
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